Osnabrück isst gut?

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a.k.a. Alando Sommerparty meets Lexus-Werbeveranstaltung

Am Mittwoch hat Osnabrück isst gut angefangen. Eigentlich eine Veranstaltung mit schon längerer  Tradition in Osnabrück, gibt es seit ein paar Jahren einen neuen Veranstalter. Und irgendwie...

Der Reihe nach:

Gut zu Fuß sollten die Besucher schon sein, nicht nur weil es manchmal recht eng zu geht. Nicht wegen des Besucherandrangs, sondern eher wegen der 'Podeste' auf die anscheinend alle Veranstalter gestellt werden müssen:

Aufgang

Ist wohl eher nicht "barrierefrei" und nein, es gibt keine Rampen.

 

Egal, am Mittwochabend sind wir hin, mal schauen, was es zu essen gibt.. Tja, beim ersten Gastrobetrieb, wo wir ernsthafter schauen wollten, kamen wir erst gar nicht rein, denn:

Geschlossene Gesellschaft!

Geschlossene Gesellschaft für eine Werbeveranstaltung? Tatsächlich hat ein lokales Autohaus zusammen mit dem Caterer und der lokalen Sansibar-Ausgabe eine geschlossene Werbeveranstaltung durchgezogen.

wirklich geschlossen

Mitten auf dem Marktplatz, mitten bei Osnabrück isst gut...

Es gab sogar eine Ansprache, in etwa : Liebe Lexus-Fahrer und Lexus-Interessierte, schön dass sie hier bei uns sind mit Meier's Catering und der Sansibar...

Keine Begrüßung der anderen Gäste, keine Begrüßung auf der Veranstaltung Osnabrück isst gut, kein nix.

Achja, doch, 2 Minuten später nochmal: Alle Lexus-Kunden mit einer goldenen Karte(?) dürfen die Toiletten im Ratskeller nutzen.

Da traut wohl jemand seiner eigenen Infrastruktur nicht.

Aber egal, gibt ja noch mehr zu sehen, daher sind wir erst einmal über den Platz geschlendert und haben das "Ambiente" genossen. Ok, so richtig schlendern geht nicht, haben sich doch die meisten Teilnehmer durch BarrikadenZäune oder ähnliches von den anderen getrennt.

Abtrennung

 Wäre ja auch noch schöner, wenn da jeder hergehen könnte wo er/sie will! Und man will ja etwas unter sich bleiben.

Ähnlich rustikal ist übrigens der gesammte Aufbau, wie da Nordseeflair aufkommen soll bleibt wohl das Geheimnis der Veranstalter

Flair?

Ach doch, ein paar Holzmöwen im Sansibarzelt und - tusch - ein(!) Strandkorb sorgen für das Sylt-Feeling:

Sansibar - Nordsee?

Strandkorb oder so

Nur Strand oder Sand oder Meer gab es nicht...

Aber wir waren ja nicht zum sonnenbaden gekommen, sondern um gut zu essen. Leider gleich die nächste Enttäuschung, die Preisgestaltung. Wir erinnern uns, die Veranstaltung hat einmal damit geworben, das Publikum könne von einem Stand zum nächsten gehen und überall für relativ wenig Geld eine kleine Portion probieren. Von diesem Konzept hat man sich anscheinend endgültig verabschiedet, stattdessen gibt es lieber kleine Portionen für viel Geld und noch einen teuren Wein hinterher.

Beispiele?

Gosch Sylt:

  • Röstis oder Ofenkartoffel mit Matjesfilet: 8,00 €
  • Krabbenbrötchen: 4,50 €
  • 3 Riesengarnelen vom Grill: 15,00 €

Glas Wein (0,2) dazu?

  • Pinot Grigio: 5,00 €
  • Chablis: 7,00 €

wen interessieren denn dabei Produzent oder Jahrgang?

Immerhin mit mehr Informationen zu den Weinen das Walhalla:

  • Baguette mit Olivenöl und Kräuterdip: 4,00 €
  • Melone mit Fenchelsalami und Serrano: 9,00 €
  • Schweinefilet mir Pfifferlingen: 12,50 €
  • Curry-Chili-Garnelen mit Pfifferlingen: 13,50 €
  • 2007 Grauer Burgunder Korrel: 5,00 €
  • 2005 Spätburgunder Q, Heger: 6,00 €

und Engels:

  • Wildschweinsalami und Serranoschinken mit Rucola: 8,00 €
  • Lammcarée: 12,00 €
  • Rinderbäckchen auf Selleriepürée: 12,00 €
  • 2006 Chianti Classico von Le Corti: 8,00 €
  • 2006 Grauburgunder QbA von Heger: 8,00 €
  •  

Nochmals zur Erinnerung, in Münster auf der vergleichbaren Veranstaltung Münster verwöhnt gab es eine Preisobergrenze von 8,50 € und mindestens ein Gericht unter 5,00 €. Und nein, das Essen war dort nicht schlechter, die Portionen nicht kleiner und die Restaurants nicht weniger angesehen. Eher im Gegenteil.

Wir probierten dann erst einmal bei Engels die Rinderbäckchen

Rinderbäckchen auf Selleriepurée

Optisch nicht so besonders gelungen, geschmacklich allerdings ohne Tadel, das Fleisch wunderbar mürbe, saftig, fein abgestimmte Sauce, und ein wirklich schönes Selleriepurée.

Auch das Lammcarée war gut, die einzelnen Stücke etwas unterschiedlich gegart - eins eher well done, ein anderes, dickeres eher medium rare aber das mag an der ungewohnten Küchenumgebung gelegen haben.

Lammcarrée

Auch hier geschmacklich nichts auszusetzen, wirklich gut. 

Die Weine passten auch (Chianti Classico von Le Corti und und Corbieres von Château Etang des Colombes), aber in der Summe jetzt schon 41,00 €...

... und noch nicht satt. Also weiter, wir sind zum SpeiseZimmer geschlendert, das Restaurant der StadthalleOsnabrückHalle (wer hat sich die Namen ausgedacht?).

Angenehme Überraschung: Die Preise hier sind realistischer, so bekommen wir gebackenen Schafskäse in Serranoschinkenmantel auf süß-sauren Linsen für 6,80 €

Schafskäse auf Linsen

Die Linsen durch den Balsamico etwas zu süß, aber noch mit etwas Biss, der Schafskäse leicht schmelzend, sehr angenehm!

Auch nicht schlecht die Steinpilzravioli mit Tomaten-Kapern-Sauce:

Steinpilzravioli

Die Tomatensauce leider etwas zu dominant und auch wieder zu süß, dadurch waren die Steinpilze zu sehr in den Hintergrund gerückt. Ansonsten aber durchaus lecker.

Als Weine hier ein Weißburgunder von Joachim Heger für 5,00 € und ein Lagrein von der Cantina Tramin für 5,50 €, auch wieder zu teuer aber anständig.

Zwischenfazit?

Die Richtung der Veranstaltung halte ich für völlig falsch. Sicher, wenn es um ein Event geht, bei dem die üblichen "Stellt euch mal nebeneinander und grinst in die Kamera-Fotos" im Vordergrund stehen, dann passt es vielleicht. Aber wenn es um Kulinarik geht, um probieren, vergleichen, plaudern, herumschlendern, dann ist das völlig verfehlt. Man kann nicht schlendern, überall stehen Zäune oder andere Absperrungen, man kann nicht vergleichen, dafür ist es einfach zu teuer, paludern geht auch nur so lange, bis die Music zu laut dröhnt.

Vielleicht verstehe ich das auch einfach falsch und es geht nicht um gutes Essen. Und vielleicht richtet sich Osnabrück isst gut auch nicht an alle Osnabrücker, sondern nur an eine bestimmte Klientel. Und wahrscheinlich sehen die beteiligten Restaurants das ganze auch nicht als Werbemöglichkeit für ihren Betrieb sondern wollen direkt auf der Veranstaltung Gewinne machen.

Im Vergleich zu Münster verwöhnt würde ich ganz klar sagen, 1:0 (eigentlich eher 3:0 oder 4:0) für Münster!

Jetzt muß ich erst einmal mit meinem Bankberater sprechen, ob wir uns noch eine zweite Halbzeit leisten können, vielleicht holt Osnabrück ja doch noch etwas auf.