So süß die Trauben


Süße Weine? Und dann noch den ganzen Abend? In Norddeutschland eher eine Drohung als ein Versprechen, sicherlich auch eine Folge diverser Feierlichkeiten mit der Frage "halbtrocken oder lieblich?". Andererseits gehören Süßweine weltweit zu den begehrtesten und kostbarsten Weinen überhaupt. Und auch einige der größten Überraschungen, die ich im Glas hatte ware Süßweine, wie die Riesling Auslese aus dem Jahr 1947!
Um auch andere Interessierte an das Thema zu führen haben wir in unserem Convivium jetzt eine Süßweinprobe veranstaltet. Die Weine hat Jean-François Pelletier vom Wein Cabinet vorgestellt, während es meine Aufgabe war, dazu passende kleine Speisen zu reichen. Ob es geklappt hat? Mal schauen, was es gab (ich habe mir keine Notizen gemacht, daher aus dem Gedächtnis):
Süßweine, alle ausgetrunken!

Den Beginn machten 3 Weine desselben Weinguts, aber in verschiedenen Qualitätsstufen. Den Auftakt machte Riesling QbA Halbtrocken "Classis Nohr" 2009 vom Weingut Lütz (Pünderich, Mosel). Ein durchaus mineralischer, nicht zu süßer Wein. Dazu gab es ein chinesisches Gericht, das ich zuerst in Berlin im Hot Spot probieren durfte, Rindfleisch Fu Qi Fei Pian. Meine Version war nicht ganz so gut, aber schon recht nah dran.
Rindfleisch Fu Qi Fei Pian

Und auch dieses Mal überzeugte die Kombination von salziger Schärfer des Rindfleischs mit der feinen Süße und leichten Säure des Riesling. Unbedingt ausprobieren!

Vom selben Erzeuger ging es dann zur Riesling Spätlese "Pündricher Nonnengarten" 2009. Deutlich kraftvoller, mit feinem Schmelz und gar nicht wenig Alkohol, der aber kaum spürbar ist. Dazu hatten wir eine Hühnerleberpaté, die mit Süßrahmbutter und etwas Marsala zubereitet war. Wirklich eine schöne Kombination und es gab Teilnehmer, die den ganzen Abend weiter an der Paté naschten ;-)
Hühnerleberpaté

Als dritten Wein von Lütz gab es dann die Riesling Auslese feinherb, Reiler Goldlay, 2007. Hier jetzt eine deutliche Süße mit typischen Pfirsichanklängen und viel samtige Textur im Mund. Und wenn sich schon so viel Pfirsich im Wein findet wollen wir ihn auch auf dem Teller haben, in diesem Fall als Schweinefleisch mit Pfirsich, sehr puristisch das Fleisch nur gebraten, dann etwas Salz und Pfeffer, die Pfirsiche in derselben Pfanne mit Butter und (wenig) Zucker anbraten und dann zum Schwein geben. Am besten warm servieren, einfach aber wirklich köstlich.
Schweinefleisch mit Pfirsich

Nach dem Auftakt mit gar nicht übertrieben süßen Weinen ging es jetzt richtig zur Sache, mit einer Riesling Auslese Piesporter Goldtröpfchen 2005 vom St. Urbans Hof. Was soll ich sagen, ich kann solchen Weinen nicht widerstehen! Süß und unglaublich dicht, gepaart mit einer tollen Mineralik. Hierzu gab es Feigen mit Serrano, auch hier passte die Kombination Süße vom Wein und das Salzige vom Serrano wieder.
Feigen mit Serrano
Weiter ging es jetzt nach Frankreich, auch dort versteht man sich auf süße Weine, allerdings häufig anders gemacht. Wir probierten einen Jurancon Moëlleux élevé en fûts de chêne
2006, Domaine Bordenave-Coustarret, ein ganz anderer Weintyp als die Rieslinge vorher. Geprägt nicht durch ein Süße-Säure-Spiel sondern durch eine dichte Frucht, eine schon leicht ölige Konsistenz und ein wenig Holzausbau. Hierzu gab es Mango mit Vanille und Minze, die Mango sollte unbedingt richtig reif sein, die Vanille sorgt dann für das Zusammenspiel mit der leichten Barique-Note des Weins. Schöne Kombination, und durch die kühle Note der Minze auch irgendwie erfrischend.
Mango mit Vanille und Minze
Keine Süßeweinprobe ohne Beerenauslese, bei uns dann die Pölicher Held Beerenauslese 2005 vom Weingut Kirsten. Zu Beerenauslesen gehört unbedingt ein Blauschimmelkäse, wir haben es dann mit zweien versucht, einem Gorgonzola cremoso und einem Ziegenblu. Der Gorgonzola sehr cremig und mild, der Ziegenkäse auch cremig aber fester in der Konsistenz und intensiver im Geschmack, ohne aufdringlich zu werden. Beide passten wunderbar zum Wein.

Gorgonzola und Ziegenblu
 

Und wieder ins Ausland, diesmal nach Östereich, vom Weingut Jäger in der Wachau gab es Grüner Veltliner Eiswein 2008. Tja, Eiswein! Unglaubliche Süße gepaart mit kräftiger Säure, kaum Alkohol und eine wunderbare Frische im Mund, mit viel Frucht. Dazu eine puristische Pfirsichtarte, die auch dank knuspriger Textur den Wein schön ergänzte.
Pfirsichtarte

Als kleine Überraschung gab es dann noch eine Spezialität aus Jefs Heimat, einen Eis-Cidre! Also wirklich einen Wein, der aus gefrorenen Äpfeln gemacht wurde und tatsächlich genau so roch und schmeckte. Eine unglaublich intensive Apfelnote hatten wir im Glas und auch beim Trinken merkte man die Herkunft. Einfach klasse.

Zum Abschluß dann noch einen aufgespriteten Wein, hier den Premium Cream Sherry von Fernande de Castilla, der süß, dunkel und sehr aromatisch aufzutrumpfen wusste. Dazu eine Crème Brûlée, die dank Kühlschrank und Bunsenbrenner tatsächlich kalt und warm auf den Tisch kam. Eine schöne Kombination, im Rückblick hätte zum Sherry aber vielleicht etwas mit Schokolade noch besser gepasst.

Créme brûlèe

Andererseits hätte anstatt des Sherry wohl ein anderer aufgespriteter Wein wie z.B. weißer Port auch in die Reihe gepasst. Genug Möglichkeiten für weitere Experimente!

Als Absacker dann noch einen Málaga von Telmo Rodríguez, goldgelb im Glas, erstaunlich blumig und frisch in der Nase und im Mund. Mein erster Málaga (abgesehen vom Eis ;-), aber mit Sicherheit nicht mein letzter!

Insgesamt ein toller Abend, der hoffentlich vielen gezeigt hat, wie schön, ausdrucksstark und lecker Süßweine sein können. Und dass sie hervorragende Essensbegleiter sein können.

Und für diejenigen, die wegen starker Erkältung nicht teilnehmen konnten: Wir holen das demnächst in kleiner Runde nach, versprochen!
Für alle anderen machen wir im nächsten Jahr eine Bio-Wein-Probe, wird garantiert auch sehr gut...